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Das Thema Freistehen – also das Nächtigen im Wohnmobil außerhalb von Wohnmobilstellplätzen und Campingplätzen – ist unter Wohnmobilisten populär und umstritten. Manch einer bezeichnet Freisteher verächtlich als „Lausteher“ (im Sinne von „für lau“, also kostenlos) und ärgert sich unter anderem und durchaus zurecht über solche, die es übertreiben. In teils großen Pulks stehen oft viele Freisteher nebeneinander, halbe Parkplätze blockierend, bevorzugt an touristischen Hotspots, teils noch mit herausgestellten Campingtischen und Stühlen, und im schlimmsten Fall dabei sogar hinterher noch Unrat hinterlassend. Dass ein solches Verhalten inakzeptabel ist und letztlich oft zu allgemeinen Verboten führt, ist klar. Aber Freistehen geht natürlich auch ganz anders, mit mehr Fingerspitzengefühl und Diskretion, ohne Campingverhalten und Unrat und somit insgesamt völlig ohne die Beeinträchtigung von Unbeteiligten. Wie auf diesen Seiten hier bereits an der ein oder anderen Stelle und auch durch mein Alias „Der Freisteher“ deutlich wurde, gehört der Autor dieser Zeilen zu den ganz großen Liebhabern des Freistehens – natürlich solches der zuletzt skizzierten Art. Als grundsätzlich Freistehende mit bislang nur wenigen Nächten auf Stell- oder Campingplätzen wäre für meine Partnerin und mich das Reisen mit dem Wohnmobil ohne freies Stehen nicht wirklich attraktiv. Wenn wir stets einen offiziellen Wohnmobilstellplatz oder gar einen Campingplatz ansteuern müssten, um eine Nacht irgendwo zu verbringen, gingen gefühlt mindestens 90 % der von uns so geschätzten Freiheiten dabei verloren. Unter anderem neben der Freiheit der wirklich freien Wahl des nächtlichen Platzes die Freiheit, kein Geld für das Übernachten in unserem ohnehin komplett autarken Gefährt ausgeben zu müssen und auch die Freiheit, ganz alleine und ohne die auf den offiziellen Plätzen oft fast unvermeidlichen Kontakte zu Dritten zu bleiben. In Sachen Freistehen mit dem Wohnmobil kann ich aufgrund unserer Vorliebe dafür also recht umfangreiche eigenen Erfahrungswerte beitragen, und so habe ich mich auch bereits vor Längerem mit der rechtlichen Lage auseinandergesetzt, für den Fall der Fälle, dass jemand mal was dagegen einzuwenden hat, was bisher aber noch nie vorkam. Wie sieht diese rechtliche Lage denn nun bei genauerer Betrachtung und jenseits der sonst zumeist nur erhältlichen, eher knappen und unbelegten diesbezüglichen Aussagen aus?
Eine Nacht im Wagen ist in Deutschland überall erlaubt!
Einfach irgendwo, wo man legal parken kann, im Fahrzeug zu übernachten, ist in den meisten Ländern Europas und auch der restlichen Welt nicht gestattet. Ausgerechnet im sonst nicht gerade durch Unterregulierung auffallenden Deutschland gibt es jedoch unter der bei Wohnmobilisten recht bekannten Bezeichnung „Eine Nacht zur Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit.“ die gesetzeskonforme Möglichkeit, eine einzelne Nacht in einem Fahrzeug zu verbringen, ohne dass dies zur genehmigungspflichtigen Sondernutzung des öffentlichen Raums wird. Für einen Zeitraum von etwa 10 Stunden, so wird es überall berichtet, gilt das Übernachten in einem Fahrzeug, also auch einem Wohnmobil, als sogenannte Gemeinnutzung des öffentlichen Raums, der wie Parken genehmigungsfrei gestattet ist, sofern damit die zuvor abhandengekommene Fahrtauglichkeit wiederhergestellt wird. Allerdings ist dabei ein Verhalten wie beispielsweise das Rausstellen von Tisch und Stühlen oder das Ausfahren der Markise, was ja auch jeweils zusätzlichen Raum beansprucht, nicht gestattet, da dies dann eine Art „Wildcampen“ ist und somit eine Sondernutzung des öffentlichen Raums darstellt, die genehmigungspflichtig ist. Das regeln die jeweiligen Landesnaturschutzgesetze der Bundesländer. Soweit die überall nachzulesenden Angaben, wenn man zum Thema „Freistehen“ googelt.
Aber ist das auch wirklich so?
Darf man zur Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit auf allen Plätzen, auf denen man parken darf, auch eine Nacht im Wohnmobil verbringen, zumindest etwa 10 Stunden, um wieder fit für die Weiterfahrt zu werden? Wer nach einem Gesetz sucht, welches diese „Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit“ explizit gestattet, der sucht lange, denn ein solches Gesetz gibt es nicht! Es ist jedoch eine weitverbreitete, aus anderen Gesetzen und Urteilen hergeleitete Rechtsauffassung, dass ein solches Recht vernünftigerweise als eine Art Notfalloption besteht. In dem hier verlinkten PDF von Rechtsanwalt Ulrich Dähn aus Bad Hersfeld kann der Interessierte ein paar weitere Details nachlesen und auch zwei Quellen für diese Rechtsauffassung finden (Hentschel, „Straßenverkehrsrecht“, 39. Auflage zu § 12 Rdnr. 42 a m.w.Nw., sowie Wolfgang Berr, „Wohnmobile und Wohnanhänger“, Rdnr. 465 ff.), leider aber nicht die Herleitung dieser Rechtsauffassung selbst. Diese Herleitung, aus der dann Näheres hervorging, scheint im Netz nicht frei verfügbar zu sein, sondern muss in Form von teuren Fachbüchern (mit vielen weiteren juristischen Inhalten darin) erworben werden. Ich habe diese Herleitung daher nicht gelesen. Fest steht aber: Ein eindeutiges Recht auf eine solche „Überall-Übernachtung“ in Form eines expliziten Gesetzes, auf das man sich berufen könnte, gibt es nicht! Tatsächlich kann man aber auch der frei verfügbaren Rechtsprechung entnehmen, dass eine Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit in Ausnahmefällen keine Sondernutzung des Straßenraums darstellt, sondern eine genehmigungsfreie Gemeinnutzung (wie das Fahren und Parken). Allerdings ist dieser Rechtsprechung (Gerichtsurteile) ebenfalls zu entnehmen, dass ein solcher Ausnahmefall an sehr enge Bedingungen geknüpft ist. Um dies zu verdeutlichen, zitiere ich nun den diesbezüglich wichtigsten Abschnitt eines Urteils des Oberlandesgerichtes Schleswig aus dem Jahr 2002, welches ich für alle juristisch Interessierten ganz unten in diesem Beitrag hier in weiteren wesentlichen Auszügen aufgeführt habe.
Ein einmaliges Übernachten in einem Wohnmobil im öffentlichen Verkehrsraum stellt aber selbst dann, wenn es der Wiedererlangung der Fahrtüchtigkeit dient, keinen Gemeingebrauch in Gestalt eines zulässigen Parkens im Sinne von § 12 StVO dar, wenn der Fahrer bei Fahrtunterbrechung noch fahrtüchtig ist. (…). Eine die Weiterfahrt verbietende Fahruntüchtigkeit ist nur dann geeignet, einen zulässigen Gemeingebrauch zu begründen, wenn diese Fahruntüchtigkeit selbst unmittelbare Folge der Teilnahme am Straßenverkehr ist, etwa wegen Ermüdung nach Ausschöpfung der gesetzlich vorgeschriebenen oder individuellen Fahrzeiten des Fahrzeugführers.
Wie man sieht, hängt es also davon ab, ob die Fahruntauglichkeit eine unmittelbare Folge der Teilnahme am Straßenverkehr war. Zudem sollte, das geht aus anderen Stellen des zitierten Urteils und auch aus weiteren Urteilen hervor, eine längere Weiterfahrt am nächsten Tag geplant sein. Man darf also nicht bereits am Zielort oder in der Nähe angekommen sein, denn dann hätte man dort (vorab) für eine reguläre Übernachtungsmöglichkeit sorgen müssen. Wieder andere Rechtsprechungen widerum gehen davon aus, dass eine Übernachtung in einem dafür so explizit vorgesehenen Fahrzeug wie einem Wohnmobil grundsätzlich ein „Wohnen“ darstellt und somit bereits ab der ersten Nacht generell nicht als Gemeinnutzung, sondern als eine Sondernutzung des öffentlichen Raumes zu werten ist, die ohne Genehmigung eine Ordnungswidrigkeit darstellt gemäß des Landesnaturschutzgesetzes.
Was lernen wir also aus all dem?
Richter urteilen unterschiedlich, jeder Fall ist anders, die Rechtsauffassungen von Rechtsanwälten sind ebenfalls unterschiedlich, so wie auch die aus all dem abgeleitete „gängige Rechtsauffassung“ veränderlich ist und vor allem auch nichts darstellt, worauf man sich einfach so berufen kann, beispielsweise beim Gespräch mit einem Mitarbeiter des Ordnungsamtes. Daher ist es also keineswegs so einfach und eindeutig, wie vielerorts verkündet wird, dass man eine Nacht im Wohnmobil in Deutschland überall legal verbringen darf. Zum einen muss man diese Zeit tatsächlich ab der Ankunft auch schlafend/ruhend und nicht sonstwie „wohnend“ verbringen und glaubhaft machen können, dass der unmittelbare Schlafbedarf einen an der Weiterfahrt hinderte und dass er aufgrund der bisherigen Fahrt entstanden ist und nicht etwa erst danach, und dass diese bisherige Fahrt auch nicht am Übernachtungsort bereits ihr Ziel fand, sondern gemäß der eigenen Planungen in jedem Fall fortgesetzt werden soll. All das sind natürlich Dinge, die von Dritten nicht wirklich überprüft werden können, bis auf das sofortige „Zubettgehen“ nach der Ankunft, das durch entsprechend bezeugte Beobachtungen gegebenenfalls widerlegbar ist, zumal wenn man das Gefährt noch für längere Zeit verlässt. Wir bewegen uns also weitgehend in einem Graubereich, der nicht 100 % klar zu regeln ist. Wie in all solchen Bereichen hängt es vom gesunden Menschenverstand und einem funktionierenden Einschätzungsvermögen, von gegenseitiger Rücksichtnahme und von einem gewissen Fingerspitzengefühl ab, um zu entscheiden, wie am besten zu verfahren ist. Es muss sich also jeder erwachsene mündige Bürger selbst überlegen, ob er riskieren möchte, mit seinem Verhalten eine Ordnungswidrigkeit zu begehen.
Fazit:
Ohne hier in jedweder Weise Tipps oder Ratschläge und schon gar nicht solche rechtlicher Natur geben zu wollen, wozu ich weder befähigt noch befugt bin, würde ich sagen: Wer in seinem Gefährt morgendlichen oder gar nächtlichen Besuch von „Offiziellen“ bekommt und glaubhaft machen kann, dass die Fahruntüchtigkeit vom vorherigen Fahren kam und dass eine längere Weiterfahrt am nächsten Tag geplant ist und seit dem Abstellen nicht mehr als etwa 10 Stunden vergangen sind und dass man sofort zu Bett gegangen ist nachdem man ankam, der dürfte recht gute Chancen haben einer Geldbuße zu entgehen. Wer hingegen angibt oder dabei beobachtet wurde, dass er Abends zunächst noch gekocht und ferngesehen hat oder einen Spaziergang machte, der bewegt sich mit diesem „Bewohnen des Straßenraums“ eindeutig im Bereich der Sondernutzung und hätte sich das theoretisch genehmigen lassen müssen, wobei eine solche Genehmigung, von der Unpraktikabilität des Ersuchens darum einmal ganz abgesehen, wohl in der Regel nicht erfolgt wäre. In einem solchen Fall dürfte es das Klügste sein, die meist ohnehin sehr überschaubare Geldbuße (unter 50 Euro) umstandsfrei zu akzeptieren. Wer einigermaßen Fingerspitzengefühl beweist bei der Wahl der Standorte und wer den Platz ohnehin natürlich stets so wählt, dass er niemanden in verkehrstechnischer Hinsicht behindert und zudem auch niemanden in seiner Privatsphäre stört, etwa durch einen Platz direkt vor dem Wohnzimmerfenster eines Privathauses und diesem dabei womöglich sogar noch mit seinem Gefährt eine Fernsicht raubend, der wird gemäß der Empirie in 999 von 1000 Fällen keinerlei Probleme bekommen. Eine Selbstverständlichkeit ist bei all dem ohnehin, alles so sauber zu hinterlassen, wie man es vorgefunden hat, und generell kein von außen erkennbares Campingverhalten an den Tag zu legen. Gewohnheits-Freistehern kann zudem noch gesagt werden, dass ein möglichst kompaktes Fahrzeug dabei ungemein hilfreich ist, wie hier bereits berichtet. Denn neben der wesentlich freieren Parkplatzwahl durch die Kompaktheit kommt noch Folgendes hinzu: Ein 7 Meter langes, weißes, teilintegriertes oder integriertes Wohnmobil ist natürlich auffälliger und wird von Passanten und Anwohnern allgemein als störender empfunden als ein 5,5 Meter langer und vielleicht sogar in gedeckteren Tönen lackiertes Kastenwagen-Wohnmobil, welches sich bei grober Betrachtung kaum von einem Lieferwagen unterscheidet.
Hier nun noch, wie oben angekündigt, weitere entscheidende Abschnitte aus dem zitierten Urteil des Oberlandesgerichtes Schleswig aus dem Jahr 2002, für alle die sich noch näher mit der Thematik befassen möchten:
Bußgeldbewehrter Verstoß gegen das Landesnaturschutzgesetz Schleswig-Holstein: Übernachten in einem Wohnmobil auf einem öffentlichen Parkplatz
Orientierungssatz
1. Wenn das Abstellen eines Wohnmobils auf einem öffentlichen Parkplatz primär dem Wohnen (hier: Übernachten) dient, liegt darin kein Gemeingebrauch des öffentlichen Verkehrsraums, sondern eine Sondernutzung.
2. Damit unterfällt das Abstellen des Wohnmobils nicht der StVO, sondern es finden die landesrechtlichen Vorschriften des Landesnaturschutzgesetzes Anwendung. Es liegt eine vorsätzliche Ordnungswidrigkeit nach §§ 36 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 22 LNatSchG vor, die mit einer Geldbuße zu ahnden ist.
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.Gründe
I.
1
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit nach §§ 36 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 22 LNatSchG zu einer Geldbuße von 35,– Euro verurteilt. Hierzu hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen:
2
Der 62 Jahre alte Betroffene ist als Diplom-Sportlehrer tätig.
3
Er ist Halter eines Wohnmobils vom Typ Peugeot mit dem amtlichen Kennzeichen ( ) Der Betroffene fährt mit seinem Wohnmobil regelmäßig in den Urlaub. Am Nachmittag des 29.07.2001 hatte der Betroffene als Fahrer des oben näher bezeichneten Wohnmobils das Fahrzeug auf dem öffentlichen Parkplatz ( ) abgestellt. Am Parkplatz befand sich keine ausdrückliche Beschilderung, dass das Abstellen beziehungsweise Übernachten in Wohnmobilen nicht erlaubt ist. (..).
4
Wie zuvor abgesprochen, trafen sich der Betroffene und seine ebenfalls mitreisende Lebensgefährtin G mit einem befreundeten Ehepaar aus Bremen in einem in der Nähe gelegenen Fischrestaurant. (…). Am Morgen des 30.07.2001 gegen 7.05 Uhr erfolgte dann eine Kontrolle durch den Polizeibeamten D.
5
Der Betroffene hatte bei seinem Eintreffen mit dem Wohnmobil kein bestimmtes Urlaubsziel im Auge, sondern hatte geplant, mehrere Tage auf der Insel an verschiedenen Stellen zu übernachten. Dass das Übernachten im Wohnmobil auf öffentlichen Parkplätzen einen Verstoß gegen das Landesnaturschutzgesetz darstellt, war dem Betroffenen nicht bekannt.
6
Gegen dieses Urteil hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.II.
7
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen einen Schuldspruch wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen § 37 Abs. 1 LNatSchG. Nach dieser Vorschrift dürfen Zelte oder sonstige bewegliche Unterkünfte (Wohnwagen) nur auf einem Zelt- oder Campingplatz aufgestellt und benutzt werden. Der Betroffene stellte sein Wohnmobil außerhalb eines Zelt- und Campingplatzes auf und benutzte es dort als Schlafstätte.
8
1. Ein Wohnmobil stellt eine bewegliche Unterkunft im Sinne des § 37 Abs. 1 LNatSchG dar. Der in Klammern gesetzte Begriff “Wohnwagen” dient nur einer – untechnischen – Klarstellung. Gemeint sind nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ortsveränderliche Behausungen. Hierzu zählen im engeren Sinne Wohnmobile ebenso wie Wohnwagen. Ob die bewegliche Unterkunft über einen Antrieb verfügt oder gezogen werden muss, ist unbeachtlich. So gelten auch gemäß § 1 Abs. 2 der Landesverordnung über das Zelt- und Campingplatzwesen – einer Ergänzungsvorschrift zum § 37 LNatSchG – u. a. motorisierte Wohnfahrzeuge als Wohnwagen.
9
2. Das Abstellen des Wohnmobils auf einem öffentlichen Parkplatz stellt eine – nach den Gegebenheiten des vorliegenden Falles nicht durch die StVO bußgeldbewehrte (s. u. 3.) – Sondernutzung dar, so dass die landesrechtlichen Vorschriften des Landesnaturschutzgesetzes Anwendung finden. Die vorrangigen bundesrechtlichen Vorschriften des Straßenverkehrsrechts wären einschlägig, wenn das Abstellen des Wohnmobils als Gemeingebrauch, nämlich als Parken gemäß § 12 StVO zu werten wäre. Ein straßenverkehrsrechtlich zulässiger Verkehrsvorgang bewegt sich nämlich zugleich im Rahmen des Gemeingebrauchs (BGH NStZ 2002, 374, 375). Dient das Abstellen eines Wohnmobils in erster Linie dem Wohnen, so liegt kein Gemeingebrauch mehr vor; das Ruhen oder Übernachten in einem Wohnmobil im öffentlichen Verkehrsraum auf Reisen zum Zwecke der Wiederherstellung der körperlichen Fahrtüchtigkeit kann hingegen erlaubter Gemeingebrauch sein (Jagusch/Hentschel, 36. Aufl., § 12 StVO, Rnr. 42 a m. w. N.). Dem Betroffenen diente das Übernachten im Wohnmobil zwar – auch – der Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit, weil er, nachdem er das Wohnmobil auf dem Parkplatz abgestellt hatte, Alkohol getrunken hatte. Ein einmaliges Übernachten in einem Wohnmobil im öffentlichen Verkehrsraum stellt aber selbst dann, wenn es der Wiedererlangung der Fahrtüchtigkeit dient, keinen Gemeingebrauch in Gestalt eines zulässigen Parkens im Sinne von § 12 StVO dar, wenn der Fahrer bei Fahrtunterbrechung noch fahrtüchtig ist. (…). Eine die Weiterfahrt verbietende Fahruntüchtigkeit ist nur dann geeignet, einen zulässigen Gemeingebrauch zu begründen, wenn diese Fahruntüchtigkeit selbst unmittelbare Folge der Teilnahme am Straßenverkehr ist, etwa wegen Ermüdung nach Ausschöpfung der gesetzlich vorgeschriebenen oder individuellen Fahrzeiten des Fahrzeugführers.
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Der Betroffene nutzte die öffentliche Verkehrsfläche in Gestalt des Parkplatzes (…) in der Absicht, mit dem Abstellen des Wohnmobils von den Anforderungen des Straßenverkehrs unabhängig zu sein. (…). Damit erhielt das Abstellen des Fahrzeuges nicht das Gepräge einer bloßen Fahrtunterbrechung; es entsprach vielmehr der beabsichtigten Urlaubsgestaltung des Betroffenen, ohne festes Ziel an verschiedenen Stellen zu übernachten. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Betroffene nur eine oder mehrere Übernachtungen auf diesem Parkplatz beabsichtigte. Ist der Urlaub mit einem Wohnmobil auf den spontanen und häufigen Wechsel der Aufenthaltsorte angelegte, stellt schon das einmalige Übernachten auf einem Parkplatz eine Nutzung öffentlicher Verkehrsfläche als unentgeltliche Schlafstätte und damit eine Sondernutzung dar. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Betroffene auf dem Campingplatz W. keinen Platz mehr fand. Er zog mit seiner unbestimmten Urlaubsplanung gerade ins Kalkül, auf den vorgeschriebenen Zelt- oder Campingplätzen keinen Platz mehr zu bekommen und statt dessen “wild” campen zu müssen.
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3. Das Abstellen des Wohnmobils ist nicht als vorrangige Ordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 27 StVO durch das Errichten eines Verkehrshindernisses gemäß § 32 StVO zu werten. Dem angefochtenen Urteil sind keine Feststellungen zu entnehmen, dass der Betroffene mit dem Abstellen des Wohnmobils den fließenden oder ruhenden Verkehr behinderte.
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4. Auch im Übrigen deckt die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin keine Rechtsfehler zu Lasten des Betroffenen auf.
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Zutreffend hat das Amtsgericht das Verhalten des Betroffenen nicht als tateinheitlich begangene Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 21 Abs. 1, 56 Abs. 1 Nr. 1 StrWG gewertet. Die Vorschriften des LNatSchG stellen vorrangige Bestimmungen für spezielle Formen der straßenrechtlichen Sondernutzung dar (anders noch: Beschluss des Senats vom 25. März 1985 – 1 Ss OWi 5/85). Zwischen den betreffenden Vorschriften des LNatSchG und des StrWG besteht nämlich Gesetzeseinheit in Gestalt der Spezialität. Ein Gesetz, das einen schon von einem anderen Gesetz allgemeiner erfassten Sachverhalt durch Hinzutreten weiterer Merkmale besonders regelt – hier das LNatSchG –, geht dem allgemeinen Gesetz – hier dem StrWG – vor (Tröndle/Fischer, 50. Aufl., Vor § 52 Rnr. 18 m.w.N.). Die Regelungsmaterien des § 21 Abs. 1 StrWG und des § 36 Abs. 1 LNatSchG sind in diesem Sinne deckungsgleich: § 21 Abs. 1 StrWG stellt allgemein die über den vom Widmungszweck bestimmten Gemeingebrauch (§ 20 Abs. 1 StrWG) hinausgehende Sondernutzung öffentlicher Straßen und Wege unter Erlaubnisvorbehalt, wobei auch öffentliche Parkplätze zum Straßenraum im Sinne von § 2 Abs. 1 StrWG gehören; § 36 LNatSchG gestattet speziell die über den straßenverkehrsrechtlichen Gemeingebrauch des Parkens gemäß § 12 StVO hinausgehende Sondernutzung öffentlicher Parkplätze – als Nutzungsfläche außerhalb von Zelt- und Campingplätzen (§ 36 Abs. 1 LNatSchG) – zum Abstellen eines Wohnmobils ebenfalls nur mit Genehmigung (der unteren Naturschutzbehörde, § 36 Abs. 3 S. 1 LNatSchG). Die Bußgeldvorschriften beider Gesetze sanktionieren die genehmigungslose Sondernutzung.
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Gegen die Höhe der festgesetzten Geldbuße bestehen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.