Die Größe eines Wohnmobils entscheidet wie nichts anderes über dessen Einsatzmöglichkeiten! Auf diesen Umstand möchte ich wie bereits in der Einführungsartikelserie angekündigt noch etwas näher eingehen, um die alltägliche Bedeutung der Fahrzeugmaße zu verdeutlichen. Diesem wichtigen Thema wird meiner Meinung nach anderswo nicht jene Aufmerksamkeit geschenkt, die ihm aufgrund der enormen Auswirkungen auf quasi jede Minute der Fahrzeugnutzung eigentlich gebührt. Während zum Beispiel die Art der verbauten Toilette überall hoch- und runterdebattiert und erklärt wird, erwähnt kaum jemand, dass sich Wohnmobile eigentlich in zwei komplett unterschiedliche Fahrzeugkategorien aufteilen, abhängig von ihrer Größe, insbesondere der Länge. Im Folgenden erläutere ich, warum das so ist:
Klein aber fein!
Mit einem Wohnmobil bis etwa 5,5 Meter Länge kann man auf fast allen herkömmlichen Parkflächen und -plätzen parken, denn diese sind in aller Regel etwa 5 Meter lang und verkraften zumeist auf zumindest einer Seite auch noch einige Zentimeter Überstand. Diese Möglichkeit des „Überallparkens“ beeinflusst die Art des Reisens ganz maßgeblich, nicht nur was das sogenannte Freistehen angeht, auf das ich gleich noch zu sprechen kommen werde. Mit einem solchen parkplatzkompatiblen Gefährt kann man zum Beispiel auch mal ganz spontan ohne große Umstände eine Kaffeepause irgendwo an einer schönen Stelle der Reiseroute einlegen. Mit „an einer schönen Stelle“ meine ich nicht große Rast- und Parkplätze neben Schnellstraße oder Autobahn, sondern ich spreche von Stellen etwas abseits der Schnellverbindungen, zum Beispiel auch innerorts irgendwo, wo man den Halt eventuell auch mal mit einer kleinen Besichtigung oder Besorgung verbindet. Auch kann man mit einem so kompakten Fahrzeug die Route völlig frei wählen, selbst durch sehenswerte, dichtbebaute historische Ortskerne hindurch, die entlang der Reiseroute liegen, in denen es zum Beispiel häufiger mal enge 90-Grad-Abbiegungen zu nehmen gilt, die mit zu langen Gefährten unmöglich oder zumindest nur mit Risiken und Stress zu bewältigen sind. Vor allem aber kann man mit einem recht kurzen Wohnmobil quasi überall eine Nacht verbringen, ohne jegliche Einschränkungen und große Stellplatzsuche! Das berühmte „Freistehen“ also, welches wirklich frei eigentlich nur mit kompakten Fahrzeugen möglich ist. Zum Beispiel ganz zentral irgendwo in einer Stadt oder Ortschaft oder wo auch immer. In Deutschland ist eine einzelne Übernachtung im Wohnmobil überall da möglich, wo man parken darf – als sogenannte „Wiederherstellung der Fahrbereitschaft“! Natürlich ohne Campingverhalten wie Markise ausfahren und Stühle herausstellen und dergleichen, aber das braucht man ja auch nicht unbedingt. Auf diese Weise erlebt man maximale Unabhängigkeit und Freiheit! Eigentlich erlebt man sie tatsächlich NUR so! Jeder Ort kann zu einem Kurzzeitzuhause werden, auch ganz spontan. Die Routenfreiheit lässt einen auch mal nach Lust und Laune einfach so dahintreiben: auf Wunsch über kleinste Nebenstraßen und durch engste Ortschaften, von denen es hierzulande und in ganz Europa viele sehr sehenswerte gibt. Man fährt einfach dort entlang, wo es am schönsten aussieht, reagiert spontan auf Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke und so weiter. Jede Fahrt wird zu einer Art Panoramafahrt, durch die in einem Wohnmobil ja stets etwas erhöhte Sitzposition und die große Windschutzscheibe. Kein Vergleich mit PKW-Fahrten. Und Kosten spart man auf diese Weise natürlich auch noch, denn die in letzter Zeit teilweise deutlich gestiegenen Stellplatzgebühren summieren sich sonst schnell zu beachtlichen Ausgaben.
Groß mit Einschränkungen
All diese soeben beschriebenen Möglichkeiten schwinden ab einer Fahrzeuglänge oberhalb von 5,5 Metern mit jedem zusätzlichen Zentimeter immer mehr und sind bereits ab etwa 6 bis 6,5 Metern quasi nicht mehr vorhanden. Wohnmobile ab dieser Länge gehören also quasi einer anderen Kategorie von Fahrzeugen an. Man kann sie nicht für jede erdenkliche Fahrt nutzen wie einen PKW, sondern man unterliegt Einschränkungen beim Parken sowie auch beim Fahren, die mit der Größe immer mehr zunehmen. Man passt mit einem solchen Gefährt auf die allermeisten Parkplätze einfach nicht mehr drauf, insbesondere innerhalb von besiedeltem Gebiet. Einzig auf Flächen ohne eingezeichnete Parkfelder, wie beispielsweise Waldparkplätze oder andere Parkplätze, die sich außerhalb von Siedlungen befinden, kann man dann noch einen Platz finden, sofern es dort nicht bereits zu voll ist. Mit einem solchen Gefährt blockiert man aus der Not heraus auch gerne mal gleich 2 bis 4 Parkflächen (längs oder quer) auf Supermarkt-Parkplätzen und macht sich damit unbeliebt und sorgt dafür, dass auf immer mehr solcher Parkplätze Höhenbegrenzungen angebracht werden, mit denen dann gleich alle Wohnmobile, auch die von der Länge her kompakteren, ausgeschlossen werden. Auch das Durchfahren von historischen Ortschaften und Städten mit engen Kurven ist schwer bis unmöglich. Sogar Offroad ist es vielerorts zu eng, insbesondere was die Wendemöglichkeiten angeht. Dieses Problem betrifft aufgrund der durchschnittlich gestiegenen Maße weiteste Teile neuerer Wohnmobilmodelle, aber natürlich auch die längeren unter den alten Modellen. Jedoch findet man Modelle mit voll parkplatzkompatiblem Maß (bis 5,5 Meter) unter den alten Modellen, wie bereits im Einführungsartikel „Wohnmobil-Gigantomanie“ erwähnt, recht häufig, während sie bei den neueren Modellen eher Ausnahmen sind. Hinzu kommt noch, dass auch die Breite der Fahrzeuge im Laufe der Jahre durchschnittlich zugenommen hat. Während die Aufbauten der üblichen teilintegrierten Wohnmobile früher eher zwischen circa 2,1 und 2,3 Meter breit waren, mit einer großen Auswahl bis etwa 2,2 Meter Breite, sind sie heutzutage gerne mal bis etwa 2,4 Meter breit und nur noch recht selten unter 2,2 Meter. Auf engen Landstraßen verursacht das Stress bei jedem entgegenkommenden Fahrzeug, zumal auf kurvenreichen Strecken, die aber nun mal oft zu den schönsten gehören. Man sollte also neben der Länge auch auf die Breite des Fahrzeugs achten und sich besser auch nichts vormachen, indem man glaubt, dass man aufgrund seiner besonderen Fahrkünste auch ein größeres Gefährt überall problemlos fahren und parken kann. Das wird in aller Regel nicht so ohne Weiteres der Fall sein. Ständige Rumkurverei zur Parkplatzsuche, stressige Millimeterarbeit und permanente Einschränkungen der Wahlfreiheit bei den Routen und beim Parken, selbst für kurze Besichtigungs- und Besorgungsstopps tagsüber, möchte man nicht haben. Mit zu großen Fahrzeugmaßen ist man in Deutschland und weiten Teilen Mitteleuropas alles, aber nicht wirklich unabhängig und frei. Dafür sind Straßen, Ortschaften, Städte und selbst die Feldwege großteils zu eng. Die Entscheidung lautet am Ende also: Entweder das Fahrzeug ist möglichst kompakt oder man landet zum Übernachten zumindest überwiegend auf in der Regel kostenpflichtigen, ausgewiesenen Wohnmobil-Stellplätzen oder Campingplätzen und ist zudem innerorts generell, was das Halten angeht – auch für nur mal kurz tagsüber, zum Beispiel an einem Supermarkt – stark eingeschränkt. Ein großes Wohnmobil ist also in erster Linie ein Gefährt zum Übernachten, mit welchem man auf möglichst direktem Weg zum Übernachtungsplatz fährt, der in der Regel ein ausgewiesener Stellplatz oder Campingplatz ist. Ein kompaktes Wohnmobil hingegen ist ein Fahrzeug, welches wie ein herkömmlicher PKW für alle Fahrten einsetzbar ist – auch „Spazierfahrten über beliebige Routen“ – und in dem man zusätzlich auch übernachten kann. In geräumigeren Teilen der Welt mag das anders aussehen, aber für Deutschland und weite Teile Mitteleuropas gilt das so!
Jedem das Seine
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch! Es kann natürlich gute Gründe für ein größeres Wohnmobil geben und ich möchte diese keinesfalls schlechtreden! Wer zum Beispiel aus welchen Gründen auch immer ohnehin ausschließlich oder zumindest überwiegend Wohnmobil-Stellplätze oder Campingplätze ansteuern möchte und/oder wer unbedingt mehr Wohnraum und Stauraum im Gefährt will oder braucht, für den ist ein großes Fahrzeug natürlich die passende Lösung, ganz klar! Aber jeder sollte sich vor dem Kauf wirklich sehr bewusst machen, welche Einsatzmöglichkeiten er verliert, wenn das Gefährt zu groß ist, oder andersherum ausgedrückt, wie umfangreich die zusätzlichen Nutzungsmöglichkeiten eines parkplatzkompatiblen Fahrzeugs sind. Einsteigern in die Welt des Wohnmobils dürfte das mangels eigener praktischer Erfahrungen in der Regel nicht vollständig bewusst sein. Dass es unter den alten Wohnmobilen anteilig deutlich mehr sehr kompakte Modelle mit maximaler Parkplatzflexibilität gibt als bei den neueren Wohnmobilen, würde ich als Vorteil der alten Modelle gegenüber neueren werten. Dies gilt zumindest für all diejenigen Käufer, die ein möglichst kompaktes Wohnmobil suchen, um durch die oben beschriebene Flexibilität beim Parken die wesentlichen Vorteile eines Wohnmobils gegenüber zum Beispiel einem (bei bereits vorhandenem PKW weit günstigeren) Wohnwagengespann voll auszunutzen.
Reicht der Platz in kompakten Wohnmobilen?
In den kompakten alten Modellen findet man, insbesondere wenn man nur alleine oder zu zweit unterwegs ist, was bei den allermeisten Wohnmobilisten ja der Fall ist, durchaus ausreichend Platz. Sei es ein Teilintegrierter mit platzsparender Bettlösung in Form eines Alkoven oder auch ein Vollintegrierter mit Hubbett oben im Fahrerhaus oder selbst ein auch von der Breite her sehr kompakter und damit noch flexibler einsetzbarer Kastenwagen, zumal wenn er durch ein Hochdach mit Hubbett oder mit ausklappbarer Bettfläche oberhalb des Fahrerhauses eine tagsüber möglichst wenig Raum einnehmende Bettlösung hat. Einzig mit Festbett hinten drin werden kompakte Wohnmobile (bis etwa 5,5 m Länge) unabhängig von ihrer Aufbarart (Teil-/Integriert, Kastenwagen) recht eng, was den tagsüber nutzbaren Innenraum angeht. Aber diese Einschränkung gilt es, mit den Einschränkungen eines zu langen Gefährtes abzuwägen, denn umsonst ist der zusätzliche Raum, wie eben beschrieben, ja leider nicht, ganz im Gegenteil.
Grundidee ad adsurdum
Apropos Wohnwagengespann, das ja eben kurz zur Sprache kam: Zu lange Wohnmobile, mit denen man aufgrund ihrer Größe fast nur auf ausgewiesenen Stellplätzen parken kann und mit denen man ähnlich wie mit einem Wohnwagengespann auf der schnellsten und möglichst gut ausgebauten Strecke ohne „Der Weg ist das Ziel“-Charakter zum Reiseziel fährt, sind letztlich im Nachteil gegenüber der klassischen Wohnwagenlösung! Denn diese ist bei bereits vorhandenem PKW nicht nur günstiger als selbst die günstigsten Wohnmobile (einsatzfähige Wohnwagen gibt es ab etwa 1.000 Euro), sondern vor Ort bleibt man durch das Zugfahrzeug auch noch jederzeit und ohne Umbau-/Einräummaßnahmen mobil. Der Trend zu immer größeren Wohnmobilen führt die Grundidee des Wohnmobils daher meiner Meinung nach ein gutes Stück weit ad absurdum. Denn die Idee hinter dem Wohnmobil ist ja eigentlich, quasi einen Wohnwagen mit Motor und somit ohne Zugfahrzeug zu haben, was das Gefährt gegenüber einem Wohnwagengespann kürzer und somit flexibler und bequemer beim Fahren und Parken macht und daher mehr Unabhängigkeit und Freiheit beim Reisen bietet. Ab einer gewissen Länge und Breite büßt das Wohnmobil just diese Vorteile aber wieder ein.